Wie alles begann …

Traditionsunternehmen seit 1935

Es begann 1935 …

Aus den Aufzeichnungen meiner Tante Erika Härtel

"Ja, mein Mann ist in Oberhof ."sagte die Mama wenn Reisende,oder sonstige weniger willkommene Volksgenossen, mit ihm verhandeln wollten. Hätten die nur gewusst, was das für ein Oberhof war, so würden sie wohl zum Teil weniger neidvolle Gesichter zur Schau gestellt haben. Die kleine Presse war nun schon längst durch eine größere ersetzt worden, ebenso die Obstmühle. Wir handhabten es dann so, dass wir die Früchte in der Waschküche nur mahlten und pressten, den Saft dann mit dem Flaschenzug zum Oberhof beförderten, von dort aus wanderte er wieder nach unten, wenn er gefiltert und auf Flaschen gefüllt worden war. Nun wird es wohl besser gehen dachten wir, aber das ewige Hoch und Runter mit dem Flaschenzug konnte uns doch noch nicht recht begeistern. Eines Tages wurde die Freude vollständig. Ein gefülltes Fass Saft löste sich als es mitten über dem Hof schwebte und polterte nach unten. Unsere Oma, die zufällig auf der Hoftreppe stand ,bekam unfreiwilligerweise eine Taufe mit Johannisbeersaft. Verletzt wurde zum Glück niemand. Das Theater wiederholte sich, und öfter ging es nun kling- kling- klatsch, und ein Korb gefüllter Flaschen kam herabgesaust. Die Geduld war wohl bald zu Ende, aber keine Gefahr hinderte uns am Weiterarbeiten. Das ist es was ich stets bewundert habe. Trotz Zanken, Schreien, meckernden Kunden, trübem Most und aufspringenden Flaschen, durch unachtsame Arbeiter, herunterpurzelnder Körbe und Fässer, wurde die Sache niemals verloren gegeben.

Ein Besuch in der Süßmostkelterei Wolfgang Härtel

Tageszeitung von 11. August 1965:

Jeder Bürger hat sein Steckenpferd,  das er  in seiner Freizeit reitet. Viele widmen sich der Gartenarbeit, und ein Gang durch die Kleingartenanlage und entlang der Hausgärten ist immer ein Erlebnis, ob das die Baumblüte im Frühling, das lebenstrotzende Wachstum im Sommer oder die fruchtschweren Bäume im Herbst sind. Jeder Gartenfreund ist stolz auf seine Erfolge. Trotz mancher Anstrengung schreitet er froh zur Obsternte. Sie belohnt die Mühe des Jahres. Das beginnt mit den Erdbeeren, setzt sich fort mit Kirschen, Johannis- und Stachelbeeren und endet mit Äpfeln, Birnen, Pflaumen und Schalenobst. Manche Obstarten  fallen in großer Menge an, sind nicht lagerfähig, können aber auch nicht in kurzer Zeit im Haushalt verbraucht werden. Was nun? Die   Hausfrauen haben von jeher  Rat gewußt. Erntezeit ist Einmachezeit. Über  Generationen  hinweg  sind  die  Verfahren  zur  Obstkonservierung überliefert u. durch wissenschaftliche Erkenntnisse  vervollkommnet worden. Reges Treiben herrscht während der Erntezeit im Haushalt. Lohnt die   Arbeit immer  die Mühe? Oft muß die Hausfrau noch Lehrgeld zahlen, weil ihr die Arbeit nicht geglückt ist, denn jeder muß Erfahrungen sammeln.  Wie  mühselig  war  die  Mostbereitung  im Haushalt,  bevor der Dampfentsafter im Handel angeboten wurde!

Lohnmost ist anerkannt

Viele Hausfrauen haben Schluß gemacht mit dem Geplansche in ihrer Küche. Neben ihrer beruflichen Arbeit finden sie kaum noch Zeit für solche Betätigung. Außerdem ist es bequemer, das Obst in eine Süßmostkelterei zu geben. Sie zahlen Lohn für die Mostherstellung. Doch wenn sie ihre eigene Mostherstellung berechnen, arbeiten die Mostereien billiger für sie. Die Verarbeitung von einem Eimer Obst dauert im Haushalt drei bis vier Stunden. Wir treffen vor der Süßmosterei Wolfgang Härtel in Staßfurt viele Bürger mit ihrem Erntegut. Rhabarberstengel. Kirschen, Johannisbeeren und Stachelbeeren bringen sie in Eimern und Körben. Nicht nur Staßfurter streben diesem Betrieb zu, wir finden auch Einwohner der umliegenden Städte und Gemeinden unter ihnen. „Diese Einrichtung ist bequem, wir sind mit der Qualität zufrieden, und kommen jedes Jahr wieder,", ist die einheitliche Meinung der von uns befragten Bürger. Wir fragen die Kunden auch, warum sie die Firma Härtel bevorzugen; denn die anderen Betriebe haben nicht solch regen Kundenstrom. Bei Härtel ist der Most immer klar, ohne Trübung, ohne Bodensatz", lautete das Urteil.

Ein Gang durch die Süßmosterei Härtel

Der Kundenstrom drängt der Waage zu. Dort regelt Betriebsleiter Härtel mit den Kunden die geschäftlichen Probleme der Mostbereitung. Dann schüttet jeder sein Erntegut in die Fässer, Rhabarber gelangt in die Kisten. Dort beginnt die Mosterzeugung.

Dort steht die Fruchtpresse. Der Fruchtsaft gelangt dann in die Zentrifuge, wo die in den Saft geratenen Fruchtfleischreste abgetrennt werden. Dann verbleibt der Saft etwa acht Tage in Fässern. Dort löst sich das Pektin, was sonst die Trübung des Mostes verursacht. Über einen Filter und eine Abfüllmaschine gelangt der Most in die Flaschen.
Auf jeden Fall wird der Rohsaft noch am ersten Tage pasteurisiert. Denn der Sauerstoff der Luft und die auf allen Früchten lebenden Kleinstlebewesen wie Bakterien, Hefen und Schimmelpilze könnten schon In einer Nacht den Saft verderben.

Noch eines fiel uns, auf. Jeder Kunde muß mehr leere Flaschen liefern als er volle zurücknimmt. Aber der Most wird heiß abgefüllt, und nicht alle Flaschen halten das aus. Es gibt beim Abfüllen auch Bruch.

Aus der Geschichte des Betriebes

Über der Waage erinnert eine Inschrift am Türbogen, daß die Süßmostkelterei Härtel in diesem Jahr ihr dreißigjähriges Jubiläum begeht. Herr Härtel leitet den Betrieb selbst seit 1947. Die Bilanz seiner Arbeit und die seiner Mitarbeiter ist das ständige Steigen der Produktion. Über die Annahmestellen in Staßfurt, Güsten, Groß Börnecke und Brumby liefern die Kunden ausreichend Obst und sichern so selbst die volle Auslastung des Betriebes in jeder Saison. Mehr als 200 000 Liter Most werden jährlich .im Betrieb gewonnen. Dieser Betrieb ist ein Dienstleistungsbetrieb geworden. Er widmet sich nur noch der Lohnmostherstellung. Die Süßmostkelterei Härtel ist die leistungsfähigste Kelterei des Bezirkes Magdeburg, Herr Härtel - ein Neuerer Vom Urteil der Kunden ausgehend, fragen wir nach den Ursachen für die gute Qualität des Mostes. „Das liegt an der Verarbeitung. Nicht alle meiner Kollegen haben eine solche Anlage wie ich. Sie haben die Maschinen gesehen, darunter auch einige halbautomatische.

Mein Betrieb ist räumlich beengt. Eine Ausdehnung ist nicht möglich. Ich muß also leistungsfähigere Maschinen beschaffen, wenn ich auch weiterhin die ständig wachsenden Aufträge aus der Bevölkerung erfüllen will. Leider bietet der Handel für meinen Wirtschaftszweig keine Maschinen an. Was Sie gesehen haben, ist alles Eigenbau. Die Flaschenwaschmaschine und die halbautomatische Abfüllmaschine sind mein Stolz. Zur Zeit entwickele ich einen Flaschenvorwärmer, um den Flaschenbruch einzuschränken. Solche Gedanken verwirkliche ich in den Wintermonaten. Ich halte also keinen Winterschlaf, wie das einige Bürger vermuten."

Noch mehr Most in bester Qualität durch ständige Weiterentwicklung der Maschinen: darin sieht Herr Härtel seinen Beitrag beim umfassenden Aufbau des Sozialismus.